leverkusen neu

Winston Churchill wird das Bonmot zugeschrieben, man habe die Deutschen entweder an der Gurgel oder zu Füßen. Nun hatte er mit Sport und mithin auch mit Fußlümmelei nicht viel am Hut, aber gerade im Sport zeigen die Deutschen mitunter eine nachgerade hündische Ergebenheit. Das war gut zu beobachten rund um den Transfer von Harry Kane zu Bayern München, wo besonders der heimische Boulevard sich an Peinlichkeiten nicht überbieten ließ, wenn es um die speichelleckenste Berichterstattung ging. Ein weiterer Fall aber ist Übungsleiter des kommenden Gegners der Borussia: Xabi Alonso.  

Da bekamen Teile der Mönchengladbacher Anhänger schon Schnappatmung vor Ehrfurcht, als er sich unlängst für das Traineramt in Gladbach ins Gespräch brachte. Und Jonas Hofmann war bekanntermaßen so aus dem Häuschen, als Alonsos Nummer auf dem Display erschien, dass er alle Zelte in Mönchengladbach abbrach und sich dem offensichtlich derzeit heißesten Club der Bundesliga anschloss. Es wird spannend sein, wie Hofmann, der am Samstag offiziell verabschiedet werden soll, im Borussia-Park empfangen wird. Oder auch nicht spannend. Aber ob er sich die Pfiffe angesichts der langen Zeit in der Vitusstadt und vielen herausragenden Spiele für den Verein verdient hat, ist vielleicht eine spannendes Diskussionthema.  

Verstärkt um (um nur einige Hochkaräter zu nennen) Ex-Borusse Granit Xhaka und den Wunderstürmer Boniface, dessen Namen ich soeben komplett richtig in der einzig zulässigen Variante ausgesprochen habe, ist also Leverkusen der Geheimtipp in der Meisterschaftsfrage, das Dark Horse der Bundesliga oder was man sich auch immer für einen blödsinnigen Begriff ausdenken mag. Und zwar vor allem, weil die dufte Ex-”Holding Six” der Bayern jetzt auf dem Trainersessel sitzt. Das reicht zwar nicht dafür, dass die Leverkusener den Gästeblock an einem Samstagabend im Borusia-Park vollbekommen, aber es herrscht totale Euphorie um das Spielzeug der Bayer AG. So spannend ist der Geheimtipp, dass ihn so ziemlich jeder äußert, der danach gefragt wird. 

Und vieles spricht dafür, dass der Hype gerechtfertigt sein könnte. So besiegte man vor Wochenfrist das Konstrukt verdient mit 3-2 in der heimischen Arena. Allerdings sei auch nicht verschwiegen, dass, wenn mit Openda ein weiterer hochgehandelter Neuzugang der Bundesliga nicht in einer grotesken Slapstickvorführung vor dem leeren Tor stehend erst über den Ball geschlagen und den Ball nach einer eingesprungenen Pirouette Frank Mill imitierend gegen den Pfosten geballert hätte, es durchaus auch anders hätte ausgehen können.   

Die Borussia und ihr Übungsleiter Seoane müssen derweil daran arbeiten, wie man den nicht gerade an Fort Knox gemahnende Abwehrverbund sicherer gestalten kann als beim Ausflug nach Augsburg. Da gab es aus Fankreisen viel Schelte für Youngster Netz, der als primäre Schwachstelle ausgemacht wurde, allerdings hat man ja nun mantramäßig der Jugend Chance propagiert, so dass es seltsam wäre, wenn er nach einer schwächeren Leistung gleich rausrotieren würde. Auch hier wieder ein “aber”: Bei Luca Netz steht für den Nachmittag noch eine MRT-Untersuchung auf dem Plan, deren Ergebnis einen Einsatz unmöglich machen könnte. Wer ihn dann ersetzen würde, wäre sicherlich eine spannende Frage. Lucas Ullrich wäre dann eine Option, genauso der aus Bremen gekommene Chiarodia und auch Max Wöber, wobei letzterer wiederum beim Training umgeknickt war. Einem Einsatz am Samstag, ob nun in einer Vierer- oder vielleicht auch einer Fünferkette, sollte wohl nichts im Weg stehen.  

Weiter vorne steht, mangels Alternativen im defensiven Mittelfeld oder durch den Erfolg im letzten Spiel, wohl fest, dass im Falle der Viererkette dieselben Spieler an den Start gehen werden, die auch im Auftaktspiel begannen. Bei einer Fünferkette wären diverse Konstellationen denkbar. Aber entscheidend, ob man Leverkusen an die Gurgel gehen kann oder am Ende Xabi zu Füßen liegen wird, wird wohl eher der Abwehrverbund und dessen Leistung sein. Spannung liegt in der Luft, das zeigt auch  

Der SEITENWAHL-Tipp 

Uwe Pirl: Kein Wunder, dass das Spiel Gladbach gegen Leverkusen als Topspiel für Samstagabend ausgewählt wurde: Die Paarung verspricht Spektakel und viele Tore. Beide Mannschaften nehmen sich das zu Herzen. 3:3 

Claus-Dieter Mayer: Leider findet es die Borussia-Offensive gegen Leverkusen etwas komplizierter ins Tor zu treffen als gegen Augsburg. Die Gladbacher Abwehr kann hingegen konstant ihre Leistung vom ersten Spieltag bestätigen: 4:1 für Xhaka und Hofmann 

Michael Heinen: Es wird mal wieder Zeit für einen Heimsieg über Leverkusen. Entgegen jeder Wahrscheinlichkeit tippe ich auf einen euphorisch bejubelten 3:2-Sieg von Borussia. 

Thomas Häcki: Nach dem 2:4 Spektakel wird Leverkusen gefeiert und Gladbach macht sich bezüglich seiner Defensive ernsthaft Gedanken. 

Michael Oehm: Es wird knapper als erwartet, aber leider setzt sich die größere Qualität im Kader eiskalt durch. 2:1 für des schönen Xabis Mannen  

Christian Spoo: Es wird wahnsinnig spannend. So spannend, dass das Spiel nach 30 Minuten schon entschieden ist. Da steht's nämlich 3:0 für Leverkusen. Am Ende geht es "nur" 2:5 aus Sicht von Borussia aus.