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Borussia hat das erste Heimspiel der neuen Bundesligasaison verdient verloren. Mit der 0:3-Niederlage gegen Bayer Leverkusen war die Mannschaft von Gerardo Seoane am Ende noch gut bedient. Leverkusen hatte auch hinten raus die besseren Chancen, obwohl die Gäste nach dem dritten Tor mehr als einen Gang zurückgeschaltet hatten. Bayer war in allen Belangen überlegen und präsentierte sich als echte Spitzenmannschaft. Der vermeintliche Geheimfavorit auf die Meisterschaft ist wahrlich nicht mehr geheim. Das Team spielt fantastischen Fußball. 

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"Die spielen in einer anderen Liga", meinte ein Blocknachbar irgendwann kurz vor dem letzten Tor der Partie. "Leider nicht" war man versucht, zu antworten. Dabei kann man Borussia nach dieser Partie wenig vorwerfen. Die Mannschaft suchte immer ihre Chance, nach vorne zu spielen und machte auch nach den Tiefschlägen zum 0:2 und 0:3 seriös weiter. Keine Sekunde entstand der Eindruck, das Team wehre sich nicht, gebe auf oder lasse sich hängen. Allein: Es reichte gegen Bayer Leverkusen hinten und vorne nicht. Die kurze Zeit, in der Leverkusen ein Klub war, dem Borussia Mönchengladbach halbwegs auf Augenhöhe begegnete, ist sehr offensichtlich wieder vorbei. 

Nicht umsonst hat es Jonas Hofmann vorgezogen, ein Rädchen in der ambitioniert programmierten Maschine von Xabi Alonso zu sein, statt zentrale Kraft, Bestverdiener und Kapitän von Borussia Mönchengladbach. Nicht umsonst geht Granit Xhaka nach dem Ende seiner Londoner Zeit nicht zurück nach Mönchengladbach, sondern nach Leverkusen. Finanziell und sportlich ist das vollumfänglich logisch. Xhaka ist in Leverkusen sofort zum Dreh- und Angelpunkt des Spiels geworden. "So einen könnten wir brauchen" war mehr als einmal im Block zu hören, wenn Xhaka wieder einen sauberen Chip in den Strafraum gebracht oder einen Mitspieler anderweitig geschickt eingesetzt hatte. Deutlich gereift, nie auch nur in der Nähe einer Gelben Karte, der Schweizer könnte einer der Trümpfe beim Versuch der Leverkusener sein, ganz oben mitzuspielen. Mitspielen war auch das, was der andere Ex-Gladbacher, Jonas Hofmann tat. Gut, aber keineswegs in der führenden Rolle, die ihm in Gladbach zugedacht war. An dem Treffer, der Borussia das Genick brach, dem 0:2 mit dem Pausenpfiff, war Hofmann entscheidend beteiligt, einen guten Ball von Xhaka brachte er nach innen, wo Tah zum vorentscheidenden Treffer vollendete. 

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Für die beiden anderen Leverkusener Treffer zeichnete Victor Boniface verantwortlich, dem der Schritt von der ersten belgischen in die erste deutsche Liga offenkundig keine Probleme bereitet. Einmal nahm er Marvin Friedrich im Strafraum gefüht auf drei Metern fünf ab und köpfte eine Flanke des stets gefährlichen linken Mittelfeldmannes Grimaldo ein, beim zweiten Treffer nahm er einen scharf in die Spitze gespielten Ball von Wirtz gut an und überwand Friedrich und Omlin ohne Probleme. Bei Bayer ging an diesem Abend alles schneller als bei Borussia, genauer, sicherer. Selbst mit Tempo konnten die schnellen Honorat und Ngoumou nur selten etwas reißen - weil die Gegner teilweise einfach noch schneller waren. 

Was kann Borussia, was können wir Fans aus diesem Lehrstück in Sachen Fußballspiel lernen? Zum einen, dass wir tunlichst kleine Brötchen backen sollten. Möglicherweise bekommt Borussia die erste Tabellenhälfte in dieser Saison höchstens mal sporadisch zu Gesicht. Die Mannschaft hat Qualität verloren, da beißt die Maus keinen Faden ab. Jeder, der für Borussia auf dem Platz stand, tat freilich sein Bestes. Gegen Leverkusen war es halt nicht gut genug. Dass die schnellen Außen eine Waffe sein können, war dennoch hier und da zu erahnen, vor allem vor der größten Chance, als sich Honrat sehenswert auf rechts durchsetzte und einen perfekten Ball auf Cvancara spielte, der aber den Ball nicht traf.

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In Sachen Kampf machten vor allem Ngoumou, Itakura und Weigl auf sich aufmerksam. Torgefährlichster Spieler auf beiden Seiten war Marvin Friedrich, dessen körperliches und mentales Tempodefizit allerdings auch beim besten Willen die Frage aufwirft, ob das für einen Stammspieler in der Bundesliga auf Dauer genug ist.

seitenwahl 202308261857 AJ7X0251Und wir müssen über Florian Neuhaus sprechen. Der ist kein Sechser. Wer dieser These nach dem Leverkusen-Spiel widersprechen möchte, muss schon einiges an Argumentationskunst aufwenden. Defensiv fehlt Neuhaus weiterhin die Körperlichkeit und er strahlt die Galligkeit eines Koalabären aus, wie es ein Mitleidender während des Spiels treffend zu Protokoll gab. Wie genau die Rolle des Mannes, dem man die symbolträchtige 10 auf den Rücken geflockt hat, idealerweise ist, bleibt nach diesem Spiel unklar. In dem grundsätzlich nicht verkehrten 3-2-4-1 ist er ebenso schwer unterzubringen, wie in dem in Augsburg zu sehenden 4-2-3-1. Von dieser Personalie abgesehen bleib es bei der Erkenntnis, die schon nach dem Augsburg-Spiel gereift war: Borussia muss hinten noch etwas tun. Im Grunde fehlen sowohl ein Sechser, bei dem einem weniger kuschelige Tiere in den Sinn kommen, als auch ein Verteidiger, der bestenfalls beide Außenpositionen beackern kann. 

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Der Saisonauftakt ist undankbar, das war klar, als der Spielplan veröffentlicht wurde. Gut möglich, dass Borussia nach dem fünften Spieltag recht weit unten steht. Trotzdem war selbst heute zu sehen, dass die Mannschaft nicht ohne Qualitäten ist und dass sie zumindest im Moment auch wirklich eine Mannschaft ist. Die Köpfe blieben bis zum Schluss oben, die jungen Spieler, denen Gerardo Seoane einiges an Spielzeit gab, nachdem die Partie entschieden war, fügten sich ordentlich ein, wenngleich Leverkusen zu dieser Zeit schon in den Verwaltungsmodus geschaltet hatte. Erfreulich ist auch, dass das Publikum das genau so zu emfinden schien. Der Support war bis zum Schluss und darüber hinaus sehr ordentlich, das hat man in Gladbach auch schon anders erlebt. Die Mannschaft hat Kredit und sie hat sich nicht so präsentiert, dass sie viel davon verspielt haben dürfte. Für Leverkusen war es trotzdem zu wenig. Die spielen in dieser Saison zwar in der gleichen Liga, aber eben um ein-zwei Klassen besser.