Dass Borussia das Spiel bei Union Berlin verlieren würde, damit hatten vor der Partie am Sonntag Nachmittag viele gerechnet. Dass Borussia das Spiel bei Union Berlin so verlieren würde, wie es am Ende geschah, das hatten die wenigsten auf der Rechnung. Borussia biss sich nicht an Union die Zähne aus, Borussia wurde nicht auseinandergenommen, Borussia besiegte sich selbst. Die Wirklichkeit im Borussia-Park heißt jetzt: Banger Blick nach unten. Bis zur 79. Minute sah vieles nach einem unverhofften Sieg zu Daniel Farkes Geburtstag aus. Borussia schien das Spiel im Griff zu haben und der Tabellenführer aus Berlin hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine einzige echte Torchance, von einem zu Recht annullierten Treffer in der ersten Halbzeit einmal abgesehen. Allerdings hatte Borussia zu diesem Zeitpunkt das Fußballspielen komplett eingestellt. Augenscheinlich wollte man die Schlussphase genauso bestreiten, wie die Anfangsphase des Spiels. Das bedeutet: Tief stehend passiv zusehen, wie der Gegner das Spiel macht und im entscheidenden Moment wach genug sein, dass daraus keine erfolgversprechenden Chancen entstehen. Wer weiß, vielleicht hätte das sogar funktioniert, hätte nicht Tobias Sippel einen Logan-Bailly-Gedächtnis-Moment fabriziert. Bei einer hohen Flanke kam Sippel ohne große Not aus dem Tor, der Ball war aber lange genug unterwegs, als dass er ihn dennoch hätte wegfausten können. Aber der Sommer-Ersatz faustete ins Leere. Kevin. Behrens wuchtete den Ball mit dem Kopf ins verlassene Tor. Aus einer halben Chance hatte Union ein Tor gemacht, was folgte, war abzusehen: Die Berliner witterten ihre Chance und nutzten sie eindrücklich. Beim ersten 2:1-Treffer stand Trimmel noch im Abseits, das zweite 2:1 zählte. Eine Ecke, die es nicht mehr hätte geben dürfen, flog in den Strafraum und Doekhi wollte den Ball ins Tor. Die Wucht, mit der der Verteidiger angerauscht kam, hätte man sich von Borussia in mancher Situation gewünscht. Unhaltbar war der Ball dennoch nicht, aber Sippel hat schon den Ausgleich in den Schuhen, zum Reinschieben ist da kein Platz mehr. Der entscheidende Fehler passierte ohnehin schon eine Minute vorher. Borussia bekam in halbaussichtsreicher Position einen Freistoß. Nun gab es zwei Möglichkeiten: Punkt sichern oder noch mal alles reinwerfen. Leider entschied man sich für die dritte. Statt den Ball zurück zum Torwart oder kurz zu einem Mitspieler zu passen, der sich dann gen Eckfahne begibt, schlug Patrick Herrmann den Ball in den Strafraum. Leider stand dort niemand, der alles reinwerfen wollte. Der Ball geriet etwas lang und am zweiten Pfosten oder in dessen Nähe stand kein einziger Mann in grün. Union hatte noch mal Ballbesitz und wusste den optimal zu nutzen. Es war in diesem Moment das Gegenteil von Cleverness, das Borussia auf den Platz brachte. Es war nur konsequent, dass das bestraft wurde. 

Dabei war der Ansatz von Daniel Farke durchaus clever. Union machen zu lassen, war eine gute Idee, solange man es schafft, den Laden hinten dicht zu halten. Und das klappte lange Zeit wirklich ordentlich. Kramer und Weigl waren fast ausschließlich defensiv unterwegs, Friedrich und Elvedi spielten konzentriert, Bensebaini beschränkte sich aufs Linksverteidigen und die Achillesferse auf rechts wurde dadurch geschützt, dass Nathan Ngoumou nach 15 Minuten merkte (oder gemerkt wurde), dass er hinten mithelfen muss. Das ging lange Zeit gut, zumal Borussia nach 15 bis 20 Minuten mutiger wurde und auch nach vorne etwas versuchte. Das 1:0 durch Elvedi nach Ecke Stindl war auch glücklich, weil Union schlecht verteidigte, aber die Führung zur Halbzeit war nicht völlig unverdient, zumal es noch ein paar weitere Aktionen nach vorne gab. Die zweite Hälfte schien langweilig aber aus Gladbacher Sicht entspannt zu werden, allerdings wurden die Entlastungsangriffe immer weniger. Durch die Wechsel - Netz und Herrmann für Plea und Ngoumou - signalisierte Daniel Farke nicht, dass er das änderungswürdig fand. Der Rest ist Geschichte. 

Borussia hätte dieses Spiel gewinnen können, Borussia hätte dieses Spiel niemals verlieren dürfen. Die Herangehensweise war nicht falsch, die Mannschaft aber letzten Endes nicht in der Lage dieses Spiel über 90 Minuten durchzuziehen. Die Stimmung im Umfeld droht nach dieser dritten Niederlage in Folge, das bittere Pokal-Aus mitgezählt, zu kippen. Zumal das Team dreimal auch deswegen verlor, weil der Gegner den Sieg einfach mehr zu wollen schien. Klar: Mit Sommer, Itakura, Neuhaus und Hofmann sähe die Welt womöglich anders aus. Aber dennoch waren mindestens zwei dieser drei Niederlagen auch mit den vorhandenen Mitteln zu verhindern. 

Außerdem muss man konstatieren, dass dem Kader Breite fehlt. Natürlich kann man den Ausfall von fünf Stammspielern als Nicht-Champions-League-Verein nicht einfach wegstecken. Aber dass die zweite Reihe gleichzeitig das letzte Aufgebot ist, ist keine Zwangsläufigkeit. Mit zielgerichteter Kaderplanung und Nachwuchsarbeit kommt man am Ende nicht in eine solche Lage.