AJ7X0552Max Eberl ist einer von uns! Wir alle haben doch irgendwann in unserem Leben einmal „Fußball-Manager“ gespielt, jahrelang unseren Verein aufgebaut und mit großer Mühe in die Champions League befördert, bis uns irgendwann das Glück verließ, die Transfers nicht mehr einschlugen, aber dafür umso mehr das Verletzungspech. Hand aufs Herz: Wer von uns war in so einer Situation nicht ab und an versucht, dem Unglück durch einen Cheat auszuweichen, der einem unbegrenzte Finanzmittel zur Verfügung stellt?

Von daher gratulieren wir Dir von ganzem Herzen, lieber Max – nicht so sehr zu Deinem 50. Geburtstag als vielmehr dazu, dass Du Dich und Deine Arbeit ab sofort nur noch über einen solchen Finanz-Cheat wirst definieren lassen können. Welch tiefer Fall für den einstmals als „bester Manager der Liga“ gefeierten Menschen, der von 2011 bis 2019 bei einem echten Fußballverein etwas echt Großes von echter Bedeutung erreichen konnte. Etwas, was ihm bei seinem neuen künstlichen Arbeitgeber selbst beim Gewinn sämtlichen Bleches dieser Welt niemals wird gelingen können. Mir wurde damals am PC nach spätestens ein bis zwei Spielzeiten klar, dass Erfolge mit Cheat keine Seele haben und somit auch keinen Wert. Es wäre dem Menschen Max Eberl zu wünschen, dass ihm diese Einsicht möglichst bald ebenfalls zuteil wird.

Doch dem ehemaligen Borussen-Manager sollte am Samstag ab 15.30 Uhr genauso wenig Beachtung geschenkt werden wie dem ehemaligen Borussen-Trainer. Borussia Mönchengladbach hat inzwischen einen neuen und eigenen Weg beschritten. Dieser erfordert die volle Konzentration aller Beteiligten, damit er erfolgreich verlaufen kann. Die Bilanz der ersten vier Ligaspiele ist nämlich überschaubar mit zwei verdienten Heimniederlagen gegen deutlich überlegene Gegner sowie zwei glücklichen Unentschieden bei gleichwertigen Vereinen.

Samstag geht es wieder im Borussia-Park gegen ein Konstrukt, das auf dem Papier ähnlich überlegen wirkt wie zuletzt Bayern und Bayer. Wie Leverkusen befindet sich RB in erstaunlicher Frühform und hat bislang nur das direkte Duell gegen die Werkself mit 2:3 verloren. Daneben gab es einen 3:0-Sieg im Suppencup bei den Bayern, bei Union Berlin und gegen den FC Augsburg, ein 5:1 über den VfB Stuttgart sowie zuletzt ein 3:1 in der Champions League bei Young Boys Bern. Die insgesamt 220 Mio. Euro schweren Verkäufe von Gvardiol, Nkunku und Szoboszlai wurden offensichtlich gut kompensiert. Die beiden Offensivneuzugänge Lois Openda und Xavi Simons führen mit je drei Toren aus den ersten vier Ligaspielen die interne Torschützenliste an.

blaswichAuf einige Stammspieler, wie Olmo, Orban und Haidara muss RB zwar verzichten, aber auch so ist der Kader auf allen Positionen hochkarätig besetzt. In der Abwehr vertraut Rose auf eine junge Innenverteidigung, bestehend aus dem 23jährigen Mo Simakan und dem 20jährigen Castello Lukeba. Im Tor könnte Ex-Borusse Janis Blaswich selbst nach Rückkehr des einstigen Stammtorhüters Peter Gulacsi die Nr. 1 bleiben. Der Ungar saß gegen Augsburg nach 10monatiger Verletzungspause erstmals wieder auf der Bank. In Leipzig weiß man aber anders als in München, dass ein derart lange verletzter Torhüter einige Zeit benötigt, um wieder seine Topform erreichen zu können.

Allzu viel rotieren gegenüber der Partie in Bern wird Rose vermutlich nicht. Am ehesten ist im Angriff mit einem Wechsel zu rechnen, wo er die Qual der Wahl hat, um sich zwischen Poulsen, Sesko und Werner den Sturmpartner von Openda auszusuchen.

Auch Gerardo Seoane hat inzwischen mehrere Optionen, wenngleich auf deutlich geringerem Niveau. Angesichts des drohenden Ausfalls des schwer gequetschten Tomas Cvancara sind diese Alternativen dringend nötig. Aller Voraussicht nach wird erneut Jordan Siebatcheu von Anfang an spielen, dem man trotz seines Tores in Darmstadt noch Eingewöhnungsschwierigkeiten anmerkte.

Aufgrund der katastrophalen Leistung in Halbzeit 1 wird sich der Trainer einige Gedanken über Veränderungen in der Startelf machen. Gut möglich, dass er weitgehend die Mannschaft aus Halbzeit 2 aufs Feld schickt. Von größter Bedeutung ist aktuell die Stabilisierung der Defensive, was die Mannschaft derzeit mit einer Dreier- bzw. Fünferkette besser bewerkstelligen kann. Elvedi, Itakura und Wöber sollten in der Abwehr vor Moritz Nicolas gesetzt sein. Offen ist besonders die Besetzung im rechten Mittelfeld, wo Honorat, Scally oder Ngoumou in Betracht kommen. Der US-Amerikaner wäre die defensivste Variante, was gegen die offensivstarken Leipziger Sinn machen würde. Er ist aktuell aber dermaßen außer Form, dass ihm eine Verschnaufpause gut tun dürfte. Bei aller berechtigter Kritik darf nicht vergessen werden, dass Scally noch immer erst 20 Jahre alt ist und daher schwächere Phasen normal sind.

seitenwahl 202309021834 IMG 1992Vorne hat sich Robin Hack durch seinen erneut engagierten Auftritt eine Startchance verdient. Alassane Plea und Nathan Ngoumou dagegen gehörten zu den Verlierern des Darmstadt-Spiels und sollten sich zunächst einmal über Einwechselungen für die Startelf empfehlen. Wie schnelllebig der Fußball ist, lässt sich aber an den Personalien Netz, Elvedi und Neuhaus ablesen, die vor einigen Wochen noch genauso hart kritisiert wurden und aktuell zu den (temporären) Gewinnern zählen.


Die Aufstellung der Fohlenelf wird am Samstag weniger entscheidend sein als die Einstellung. Noch so ein Auftritt wie in der ersten Halbzeit in Darmstadt würden selbst die extrem treuen Borussen-Fans ihrer Mannschaft nicht verzeihen (können). Wie viel Wert dagegen die starke zweite Halbzeit hatte, lässt sich aufgrund des Platzverweises schwer sagen. Positiv, dass Seoane dies so klar öffentlich geäußert hat, und der Mannschaft keine Alibis liefert, sich auf der vom Schiedsrichter unterstützten Leistungssteigerung auszuruhen.


Mut macht die Statistik: Die letzten drei Heimspiele konnte Borussia gegen RB gewinnen – im Vorjahr gar mit einem souveränen 3:0. Dies wurde aber mit einem gänzlich anderen Kader mit deutlich höherer individueller Qualität erreicht, die sich fast nur in den Spielen gegen große Klubs bemerkbar machte. Borussia 2023 fehlt diese Qualität, wodurch es extrem schwer wird, mit den Topklubs im direkten Duell weiterhin Schritt zu halten. In einem einzelnen Spiel ist allerdings immer etwas möglich. Ein Erfolg über das Leipziger Konstrukt kann aber nur gelingen, wenn die Mannschaft 90+x Minuten volles Engagement und vollen Einsatz einbringt und wenn der Fußballgott dem einzig echten Fußballverein bei diesem Aufeinandertreffen das nötige Glück beschert.

 

Mögliche Aufstellungen

Borussia: Nicolas – Honorat, Elvedi, Itakura, Wöber, Netz – Neuhaus, Weigl, Reitz, Hack – Jordan

Leipzig: Blaswich – Henrichs, Simakan, Lukeba, Raum – Schlager, Kampl – Xavi, Forsberg – Openda, Werner

 

SEITENWAHL-TIPPS

Michael Heinen: „Leipzig ist aktuell leider zu stark für die neue Borussia. Die junge Fohlenelf müht sich zwar redlich, bleibt am Ende aber mit 1:3 unterlegen.“

Claus-Dieter Meyer: „Ist es der Anblick des allzu/unzulässigen Ex-Trainers auf der Bank des Gegners oder eher die Anwesenheit des ehemaligen Sportdirektors auf der Tribüne? Wie auch immer, die Borussia präsentiert sich gegen Leipzig so bissig und griffig wie lange nicht mehr und belohnt sich dafür am Ende mit einem 3:1-Heimsieg.“

Christian Spoo: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf: 3:1 für Borussia!"

Thomas Häcki: „Nach dem 1:2 hat man sich zwar ordentlich geschlagen, allerdings fehlen weiter die Punkte."

Michael Oehm: „Der einmal mehr beeindruckende Höllenmob der Gäste fährt enttäuscht nach Hause: 2:1 für das Gute."