leipzig neu

Dass der Fußballgott, also der, der nicht Toni heißt, dass der Fans von Borussia Mönchengladbach nicht mag, nun, das lässt sich ja nun leicht nachweisen. Man nehme sich nur einmal die Liste der Fußballmannschaften vor, die noch nie aus der Bundesliga abgestiegen sind. Neben all den seelenlosen Plastikclubs aus Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim finden sich da ansonsten die Vereine, gegen die Borussia regelmäßig furchtbar schlecht aussieht, und die einem deshalb auf die Nerven gehen, nämlich Union und Augsburg. Ach ja, das Konzernspielzeug aus Leipzig darf auf der Liste natürlich auch nicht fehlen.

Das hatte man gestern im Borussia Park zu Gast. Fast schon routiniert fuhr man das übliche Schmähprogramm ab: Beleidigungen gegen den Fanbeleidiger in der sportlichen Leitung des Gegners, 19 Minuten konzentriertes Pfeifprogramm bei gegnerischem Ballbesitz und (diesmal schon recht halbherziges) Schweigen bei eigenem, sowie das übliche Arsenal an gegen das Konstrukt gerichteten Gesängen und Parolen. Der Berichterstattung wert war selbstverständlich nur ein beleidigendes Plakat der ersten Kategorie. Die Kriecherei vor dem Konstrukt gehört zu den Peinlichkeiten, denen sich nahezu die gesamte Sportberichterstattung verschrieben hat.

Auch Borussia hatte vor Wochenfrist einen unwürdigen Auftritt abgeliefert. Was Seoane von seinem Vorgänger wohltuend unterscheidet ist sein Versuch, auf solche Ereignisse zu reagieren und auch personelle Wechsel nicht zu scheuen. Nach seinem durch die Unterschrift manifestieren „Commitment“ baute Seoane wieder auf Elvedi in der Startelf, mit Koné und Kramer standen zudem zwei Optionen wieder zur Verfügung, Čvančara hingegen fiel gequetscht aus. Letzteres ist für die Berichterstattung ganz praktisch, man braucht so lange, diese kleinen umgedrehten Dächer über die Cs zu fummeln. Für die Gefährlichkeit von Borussia Mönchengladbach im Angriff erwies es sich als weniger gut.

Dafür zeigte man sich im Defensivverhalten deutlich verbessert. Etwas mehr als eine halbe Stunde lang ließ man nichts zu und hatte im Ansatz sogar eigene, vielversprechende Torannäherungen zu bieten. Erst gegen Ende der Hälfte kann Leipzig auf und zur ersten und einzigen richtigen Torchance des ersten Durchgangs. Zu diesem Zeitpunkt ließ die Intensität im Gladbacher Spiel gegen den Ball nämlich auffällig nach. Das Anlaufen verlor an Schärfe (zuvörderst ist hier Franck Honorat zu nennen, der sich plötzlich merklich zurückhielt) und prompt übernahm Leipzig die Spielkontrolle, ohne allerdings auch entsprechende Torchancen zu kreieren.

Als Ngoumou und Plea Mitte der zweiten Halbzeit Gelegenheit zur Rehabilitation für ihre unterirdische Vorstellung der Vorwoche erhielten und Honorat sowie den bemühten, meist jedoch zu wenig unterstützten Jordan ersetzten, schien das Momentum wieder auf die Seite Borussias zu kippen. Genau in diese Phase jedoch fiel der entscheidende Treffer, nach einem völlig unnötigen Ballverlust eben Ngoumous. Und ja, Fußballgott, wir haben natürlich notiert, dass der grundsympathische Timo Werner das Tor erzielen durfte; da waren sie alle ganz glückselig auf Leipziger Seite, weil es der arme Timo doch so schwer hat, weil er eigentlich gerade kein Scheunentor trifft; ach, solch schöne Geschichten schreibt nur der Fußball!

Positiv hervorzuheben auf der Seite Borussias war einmal mehr Rocco Reitz, der auch die beste Gladbacher Torchance hatte. Konés Rückkehr tat ebenfalls gut, auch wenn er die Balance zwischen Risiko und Stabilität noch nicht so richtig fand in diesem Spiel. Netz und Scally wirkten beide defensiv halbwegs solide, konnten aber keine echten Impulse nach vorne setzen, wie es Schienenspieler tun sollten.

Und so tritt die Borussia weiterhin auf der Stelle. Gerne möchte man glauben, dass das Spiel ein Schritt war, natürlich einer in die richtige Richtung, aber man kann Leipzig auch nicht vorwerfen, körperlich robust dagegen gehalten zu haben. Selbstverständlich hatten sie keine drei Punkte und Borussia mindestens einen verdient, aber da fragt ja nicht erst am Montag, sondern schon seit Samstagabend keiner mehr nach. Etikett „Arbeitssieg“ dran und fertig. Auf körperliche Robustheit muss man sich aber nun wieder einstellen, denn es folgen die viel beschworenen Wochen der Wahrheit und weil Borussia bisher keine Punkte über dem Minimum einzufahren vermochte, ist man jetzt zum Siegen verdammt. Auf den Fußballgott kann man jedenfalls nicht bauen, wie wir ja wissen.

PS: Die billige Nummer mit der Äffzeh-Niederlage, damit die hinter uns und wir über dem Strich bleiben, die kannst Du Dir auch an den Hut stecken, Fußballgott.