hoffenheim neu... und keiner geht hin. Also jedenfalls (fast) kein Hoffenheimer. Wer im Jurastudium den ansonsten völlig überflüssigen Kurs „VWL für Juristen“ belegt hat, bekam auch etwas über Angebots- und Nachfragekurven erzählt. Die mit Beispielen belegte Aussage: Versucht man eine Ware oder Dienstleistung zu verkaufen und stößt auf geringe Nachfrage, darf man auf keinen Fall den Preis erhöhen, um trotz geringer Nachfrage die Kosten zu decken. Das Gegenteil tritt ein, je teurer der Preis, desto weiter sinkt die Nachfrage. Stattdessen sollte man lieber den Preis senken, um so die Nachfrage anzukurbeln und die Auslastung zu erhöhen. Diese Binsenweisheit hat sich ganz offensichtlich weder nach Wolfsburg noch nach Hoffenheim herumgesprochen – ansonsten würden diese in der Bundesliga tätigen Unternehmen nicht einerseits die leeren Stadien beklagen und andererseits deutlich über 50 Euro für eine Eintrittskarte gegen Borussia Mönchengladbach verlangen. Jeder potenzielle Kunde, der weder mit der Elf vom Niederrhein noch mit Wolfsburg oder Hoffenheim emotional verbunden ist, winkt bei diesen Preisen und der Aussicht auf ein mittelmäßiges Bundesligaspiel dankend ab.

Vielleicht kann man aus dieser Praxis aber auch ablesen, wieviel Wert man in Wolfsburg und Hoffenheim auf Fans und ein volles Stadion legt. Offensichtlich braucht man das nicht, nicht in Wolfsburg bei der Filiale von Volkswagen und auch nicht beim sympathischen Traditionsverein aus dem Kraichgau, der sich angeblich aus eigenen Einnahmen selbst tragen soll.

Womit wir wieder bei den Wettbewerbsverhältnissen in der Bundesliga und der Verzerrung des Wettbewerbs durch mehr oder weniger künstliche Gebilde wären. Bezeichnend, dass es ausgerechnet die „Werkself“ aus Leverkusen (wobei es sich da noch um den mildesten der beanstandungswürdigen Sündenfälle handelt) ist, die letzte Woche die – sportlich absolut verdiente – Meisterschaft feiern und damit die Dominanz der Bayern brechen durfte.

Da die Wettervorhersage für das Wochenende ziemlich bescheiden ist, kann man mit tristen Bildern aus dem Stadion rechnen – angeblich soll die „No-Show-Quote“ der Dauerkartenbesitzer in Wolfsburg, Hoffenheim und bei der Filiale des Dosenkombinats mit Sitz in Fuschl am See deutlich höher sein als bei den Sportvereinen in der Bundesliga, so war kürzlich zu lesen. Auch das belegt: Beim Publikum dieser Organisationen handelt es sich in erster Linie um Kunden, nicht um Fans.

Zum Sport: Hoffenheim spielt eigentlich eine ganz ordentliche Saison immer mit Tuchfühlung zu den internationalen Plätzen. Hoffenheim macht aber gleichzeitig das, was Hoffenheim immer macht, wenn der Abstieg gesichert vermieden ist und nach vorne nichts spektakuläres mehr geht: Hoffenheim lässt die Saison austrudeln. Demzufolge stehen aus den letzten 10 Spielen nur drei Siege, aber 5 Niederlagen und zwei Unentschieden zu buche, eine Bilanz, mit der man es sich im Mittelfeld ziemlich bequem gemacht hat. Unterstellt, dass Freiburg und Augsburg nicht einbrechen, wird es dabei auch bleiben. Und vielleicht denken einige Hoffenheimer Spieler ja auch insgeheim wie Max Kruse über die Conference League.  Personell kann Hoffenheim aus dem vollen schöpfen, an potentiellen Stammspielern fehlen mit Berisha und Geiger nur zwei Langzeitverletzte, die in dieser Saison bisher kaum Einsätze hatten. Hoffenheim hat ein fast identisches Torverhältnis wie Gladbach, auch die Anzahl der Tore und Gegentore ist sehr ähnlich. Zwar hat Hoffenheim daraus satte 5 Punkte mehr gemacht als unsere Helden, dennoch macht es Hoffnung, dass die Kraichgauer genauso schießbudig unterwegs sind wie Gladbach.

Allerdings tritt Borussia in Hoffenheim quasi mit dem letzten Aufgebot an. Jantschke (Adduktorenzerrung), Jordan (Muskelfaszienriss im Oberschenkel), Koné (Muskelfaserriss im Oberschenkel), Kramer (krank) und Ranos (Fußwurzelverletzung) fallen sicher aus, eine Einsatzfähigkeit von Ngoumou wäre die absolute Überraschung, Honorat ist unsicher, Elvedi und Lainer angeschlagen, aber spielfähig. Ungeachtet dessen wird wahrscheinlich die Formation mit Dreierkette und Doppelsechs aus den letzten Spielen beibehalten. Offensivspieler wären dann nur in Person von Honorat, Plea und Hack anwesend. Sollte Honorat ausfallen, wird es schwierig. Eigentlich müsste in dem Fall wohl Cvancara in die Startelf rotieren und Plea dann dahinter und leicht nach außen rücken. Fraglich aber, ob der Tscheche schon fit genug ist für einen Startelfeinsatz. Alternativ könnte man die Formation in Richtung eines noch dichteren Mittelfeldes ändern, dann wären Neuhaus oder evtl. Reitz die ersten Optionen.

Die SEITENWAHL-Tipps:

Uwe Pirl: Hans-Meyer-Sprüche über Serien interessieren mich nicht. Wann immer ich in Sinsheim im Stadion war, hat Borussia gepunktet. Daran ändert sich nichts. Mit dem 3:1-Sieg ist der Abstiegskampf endgültig beendet.

Claus-Dieter Mayer: Mit dem 1:1 in Hoffenheim tritt die Borussia auf der Stelle, die Verfolger im Abstiegsrennen koennen das aber gottseidank nicht ausnutzen.

Michael Heinen: Borussia hamstert sich durch das 2:2 in Sinsheim weiter Richtung Klassenerhalt.

Christian Spoo: Borussia verpasst den Befreiungsschlag und rutscht durch die 1:3-Niederlage näher an den Abgrund vor dem Abgrund, also den Relegationsplatz.

Michael Oehm: Irgendwie fühlt sich das 1:1 nicht gut an, aber der eine Punkt wird noch sehr wichtig werden.